Vrakaz

Vrakaz – Urgottheit der Erschaffung des Lebens, König der Nacht

Von der begonnenen Schöpfung der Gottbrüder unberührt trat Vrakaz aus der Vereinigung von Licht und Dunkelheit als einer der ersten Götter der dritten Schöpfungsgeneration hervor. Mit dem Anspruch seiner Macht begann das Leben, denn er war es, der den Samen pflanzte und so jeder Welt die Möglichkeit auf Erneuerung schenkte. Mit ihm begann das Leben, als es dafür bereit war. Vrakaz wachte seither über seine Kinder, wohlwissend, dass seine Schöpfung nie von Dauer, nie von Bestand, doch ewiglich sein sollte. Die Gottbrüder Ulthor und Volant aber betrachtete er mit Skepsis, denn sie schufen was sie wollten und griffen so in alle Sphären ein – und wie ihre Macht wuchs, so zog sich Vrakaz Zusehens von ihnen zurück. In Abgeschiedenheit jedoch behielt er immer ein wachsames Auge, um den Fortbestand seiner Schöpfung zu sichern und notfalls eingreifen zu können.

Doch das Leben mehrte sich und verbreitete sich rasch durch den Einfluss der anderen Götter, die mit dieser zerbrechlichsten aller Schöpfungen ihre Mächte sichern und vergrößern wollten. All dies sah Vrakaz, doch wenngleich er nie eine Zukunft, wie diese, für seine Kinder beabsichtigt hatte, so sicherte sie doch nur ihre Existenz. Also schwieg er und verfolgte das Geschehen aus der Distanz, griff jedoch ein, wenn er die Möglichkeit sah, dem Leben neue Aspekte zu schenken.

So segnete er im Laufe der Zeit viele Lebewesen und ihre Gaben wuchsen. Eines dieser Wesen war ein Menschenmädchen namens Jadis. Nur durch einen Zufall entdeckte er sie und eigentlich war sie nur eines seiner Kinder unter vielen, doch hatte sie etwas Faszinierendes für Vrakaz an sich, dass jedem anderen Leben fehlte. Sie wusste stets die rechte Antwort und verstand es meisterlich den Gott in Verlegenheit zu bringen. So verbrachte er mit ihr viel Zeit und der Urmeister des Lebens wurde zu einem Anfänger der Liebe.

Bald darauf heirateten sie und Vrakaz beschloss das junge Leben niemals verlieren zu wollen. Er hatte so viele Leben vor Jadis enden sehen und nie hatte es ihm etwas ausgemacht, war der Tod doch fester Bestandteil des Lebens, der nur Platz schuf für das kommende Neue. Doch bei dem Gedanken Jadis zu verlieren wurde der alte Gott schwach. Und so erhob er die junge Frau in den Stand einer Halbgöttin, indem er sie mit einem Teil seiner göttlichen Essenz beschenkte und mit einem Teil seiner göttlichen Aufgabe betraute. Den Stand einer reinen Gottheit konnten schließlich nur die Urelemente selbst verleihen. Dies war ihr alleiniges Privileg.

So verbrachten Jadis und Vrakaz einen Teil der Unendlichkeit zusammen, in dem ihre beiderseitige Liebe wuchs und erblühte und es hätte ewig sein können, doch nach wie vor wuchs auch das Leben und mit ihm die Aufgabe, es zu betrachten und zu hüten und Jadis nahm den Namen Arachide an, um sich mit den Spinnen und Käfern verbunden zu zeigen, über die sie wachte.

So kam die Zeit, da wurde Vrakaz bewusst, dass das Leben zu vielseitig für seine Blicke geworden war. Natürlich erfüllte es den alten Gott mit Stolz zu sehen, was seine Kinder trieben, doch waren es zu viele sie alle zu betrachten. Vrakaz erkannte, dass er Hilfe brauchte und suchte fortan nach einem Schüler, der ihm neben seiner Frau einen weiteren Teil der Aufgabe abnehmen konnte.

Und er wurde fündig. Ein weiteres seiner Kinder hob sich unter den anderen hervor. Seira, eine Sterbliche, die den Pfad der Natur beschritt, hatte eine Kraft hervorgebracht, die nur Vrakaz bislang sein Eigen nennen konnte. Eine Kraft, die sie nicht hätte besitzen dürfen, eine Kraft von unbekannter Quelle, die in sich zwar in Stärke und Ausprägung nicht mit den Kräften von Vrakaz messen konnte, doch dieselbe war. Es war die Kraft Leben zu erschaffen. Also beobachtete Vrakaz die junge Frau und erkannte alsbald, dass sie zwar unerfahren mit dem Umgang war, aber dennoch versuchte ihre Macht nicht zu missbrauchen, sondern weise einzusetzen.

Vrakaz offenbarte sich Seira in Gestalt einer Dohle, denn so wie er alle Formen des Lebens kannte durch sein Schaffen, so war es ihm als einer der wenigen unter den Göttern gegönnt seine Gestalt nach Belieben zu wandeln. Er erwies ihr die größte Ehre, die einer Druidin zuteilwerden konnte: Vrakaz erhob sie zu seiner Schülerin und beschenkte auch sie mit einem Teil seiner Essenz und seiner Aufgabe. Fortan lehrte er Seira mit ihren Kräften umzugehen und was Leben bedeutet. Er lehrte sie, welche Macht diese sich stetig erneuernde Schöpfung in sich trug und wie die Götter sie leiteten, um mit ihr die Welten zu formen.

Doch Vrakaz investierte so viel Zeit in die Ausbildung seiner Schülerin, dass er nicht bemerkte, wie sich ihr Herz für ihn zu entflammen begann. Immer behielt Seira den nötigen Abstand, doch wurde ihre Liebe sehr wohl erkannt. Wenn auch nicht Vrakaz, so wurde Arachide darauf aufmerksam. Sie hatte Seira vom ersten Tag an im Auge gehabt und ihr neidisches Wesen gebot ihr Vorsicht. Bald entbrannte ein verborgener Konflikt hinter Vrakaz Rücken, dessen Spannung nur auf eine Gelegenheit wartete sich entladen zu können. Doch dazu sollte es nicht so schnell kommen, denn der Krieg der Gottbrüder Ulthor und Voltan teilte das Dreiergespann. Zwar sahen sich alle Naturgötter gezwungen auf Ulthors Seite für das Licht einzustehen, da Voltans Aspekt der Zerstörung ihr eigenes Ende bedeuten würde, doch trennten sie ihre Aufgaben. Während Seira und Arachide in den jenseitigen Welten weit entfernt vom Krieg für Schutz und Zuversicht sorgten, war es an Vrakaz die verdorbenen Triebe des Baumes der Schöpfung abzuschneiden. Der Entscheid, auf Seiten Ulthors zu streitet war für Vrakaz ein rein logischer Schritt, da alles was Voltan verkörperte, das Gegensätzlich war und ist, von dem was Vrakaz in seiner göttlichen Aufgabe trägt und verbreitet.

In einem ruhigen Moment des Krieges jedoch wurde Vrakaz von einem Boten, einem Diener Voltans aufgesucht. Er, der er die Welten verbunden hatte und alle Schleichwege kannte, berichtete Vrakaz von Aphatian, dem ältesten Sohn Voltans. Aphatian sollte vom Gott der Zerstörung die Aufgabe erhalten haben sich in die jenseitigen Welten zu schleichen und dort sowohl Arachide, als auch Seira zu vernichten, um die Stabilität des lichten Reiches zu schwächen. Doch wie sollte Vrakaz handeln, um seine Gefährtin und seine Schülerin zu schützen? Noch stand er zwischen ihnen und Aphatian, doch wusste er genau, dass er es nicht mit dem Sohn Voltans aufnehmen konnte. Weder war er ein Krieger noch Erfahren in dem Konflikt zwischen den Göttern.

Doch brachte der Bote auch einen Rat und seine Worte trafen bei dem verzweifelten Vrakaz auf einen dankbaren Zuhörer: Wenn sich Vrakaz Aphatian in einem offenen Kampf entgegenstellte und von diesem bezwungen wurde, würde Ulthor den Sohn seines Bruder sicher aufhalten und Vrakaz rächen und damit unwissentlich Arachide und Seira retten.

So stellte sich Vrakaz Aphatian entgegen, Aphatian, dem Kindsgott der Zerstörung, für den dieser ganze Krieg nicht mehr war als ein Spiel. Unbändige Mächte brachen über den Ahnenvater des Lebens herein und vernichteten den Hüter der Natur in nur wenigen Augenblicken. Doch sein Opfer war nicht umsonst. In einer Welle der rasenden Wut stellte sich der sonst so besonnene Ulthor Aphatian und vernichtete diesen für seinen Frevel am Leben selbst, ohne eine Silbe des Richtspruchs zu verschwenden.

Doch als Seira und Arachide den Leichnam ihres toten Meisters und Gemahls erblickten, wussten sie nichts, von all diesem Geschehen. Seira konnte ihn zuerst erreichen und bittere Tränen der verlorenen Liebe trafen auf die Überbleibsel des Ahnenvaters. An seinem geschundenen Leib schwor sie, seine Aufgabe fortzuführen und nahm einen letzten Teil seiner verbliebenen Essenz an sich, die aus der Hülle des Gottes zu entrinnen schien. Arachide hingegen sprach nicht ein Wort, als sie den geschundenen Leib erblickte. Keine Träne entsprang ihren Augen. Einzig in einer Geste des ewigen Abschieds drückte sie den Verlorenen an sich, als wollte sie ihn nie wieder loslassen. Dann nahm sie ihn mit sich. Eingesponnen in einem Kokon, bewahrt für die Ewigkeit und bewacht von der Spinne, die binnen eines Umlaufes dem Lichte abschwor und sich in tiefstes Schwarz hüllte. Als Zeichen ihrer Trauer nannte sie sich Arachne, die Witwe.

Unbemerkt von Arachne folgte ihr Seira, selbst noch nicht bereit ihren geliebten Meister loszulassen, zurück in ihre Spinnenklamm, wo sie ihren verstorbenen Gemahl in seinem Seidensarg aufbahrte.

Als Arachne die Klamm verschloss, gelang es Seira einen Spalt zu finden und durch diesen hineinzuschlüpfen, um sich ein letztes Mal von ihrem Lehrmeister zu verabschieden. Bittere Tränen weinte sie in der Stille der Klamm, die auf den Seidensarg von Vrakaz fielen. Doch aufgeschreckt durch ein Geräusch floh Seira, mit einem letzten Wort des Abschieds auf den Lippen, in der Angst der trauernden Witwe und stillen Konkurrentin, um die Zuneigung ihres Meisters in die Arme zu laufen.

Doch Vrakaz war nicht vergangen. Aphatian mochte in seiner kindlichen Überdrehtheit seine Verkörperung ausgelöscht und ihm damit großen Schaden zugefügt haben, doch dank der Liebe seiner beiden Begleiterinnen war es Vrakaz vergönnt neu zu keimen und zu erstehen.

Die Tränen der Halbgöttin Seira lösten die Fäden seines seidenen Sarges auf und ein verwirrter, seiner selbst nicht bewusster Vrakaz stolperte hinaus in die Nacht. Als Arachne zurück kehrte fand sie nur den leeren Sarg ihres Gattens vor und Seiras Tränen an ihrem Fuß. So schwor Arachne bittere Rache an Seira für den Diebstahl ihres verstorbenen Gemahls.

Nach langer Zeit kehrte er zurück. Doch sein Verstand hatte gelitten und war zerbrochen wie einst seine Hülle. Ohne die eigenen Erinnerungen an seine Herkunft und seine bisherige Existenz, wankte der Urvater des Lebens hinaus in die Fremde. Sein verwirrter Verstand ließ ihn keine Wege erkennen und auch seine Fähigkeiten waren wie nie dagewesen. Doch etwas trieb ihn hinaus in die Ferne, etwas rief ihn zu sich und so glitt sein Wesen in ständig wechselnder Gestalt in die neu entstandene Welt, deren Wunden vom Krieg der Gottbrüder zu heilen begannen.

Dort wandelte er lange Zeit einsam und in sich gekehrt durch die Wälder und erfreute sich an allem was dort zu neuem Leben erwachte und zu gedeihen schien. Langsam kam sein inneres Bewusstsein für die Schöpfung und seinen großen Plan wieder und wie ein Kind musste, er diese neu erwachenden Kräfte erst einmal für sich begreifen und mit ihnen umzugehen lernen.

Eines Tages vernahm er aufgeregte und geschäftige Laute von fremden Wesen und folgte diesen neugierig. Auf einer großen Lichtung in der Mitte eines Tales erkannte er eine provisorische Stadt und inmitten dieser Stadt lag ein wundervoller großer Garten. Dieser Garten zog den alten Gott wie magisch an und so trottet er langsam zwischen den Häusern hindurch und beachtet nicht die Menschen und anderen Wesen, welche in den Gassen der Stadt den alten Gott, den sie nur als merkwürdigen Fremden wahrnahmen, verwundert ansahen.

Ihm war so, als ob er all dies schon einmal auf dieser Welt erlebt hatte, doch konnte er sich nicht genau ersinnen, was sich damals zutrug und welche Rolle er in dieser Zeit an diesem Ort spielte. Er hatte stets nur ein Bildnis eines Wesens vor Augen, das ihn an das Träumen selbst erinnerte und wie es in den Wälder dieser Welt umherstreifte. In seiner Nähe waren auch stets andere Wesen, Wesen wie Geister und doch waren sie wie die Stille in der Nacht und erstrahlten von innen heraus wie die Sterne am Himmelszelt. Als er wieder aus dieser Erinnerung aufzutauchen, da klang nur ein Name durch Vrakaz Kopf – Oneiros. Doch wußte er nicht mehr, was er mit diesem anzufangen hatte. So ging er weiter durch die unbekannten und doch vertrauten Gassen bis zu dem Ort, von wo er die seltsame Ausstrahlung spürte, und die Klänge ertönte, welche ihn wie gebannt anzogen. Jener Ort war ein großer und wundervoller Garten.

In dem Garten war ein seltsames Ritual zugange und in der Mitte dieses Rituals kniete eine junge Frau. Vrakaz erschien sie vertraut und doch hatte er keine Ahnung, wer sie genau war, da immer noch die Bilder seiner Vergangenheit nur in eilig vorbeihuschenden Fetzen vor seinem Verstand auftauchten, um sogleich zu verschwinden.

So trat Vrakaz neben die junge Frau und musterte sie intensiv. Als sie hoch zu ihm sah, da liefen Tränen über ihr Antlitz und ihre Arme streckten sich zu ihm hinauf. Er erschrak, da er nach so langer Zeit der Einsamkeit eine solche Reaktion nicht zu zuordnen wußte, und trat einige Schritte verschreckt zurück. Die junge Frau sah ihn mit hoffnungsvollen Augen, getränkt in einem Meer aus ihren eigenen Tränen an. Dort wo die Tränen zu Boden fielen, dort keimte sofort neues Leben auf. Dies verwirrte Vrakaz noch mehr und als die junge Frau dann auch noch schluchzend seinen Namen rief, da überkam Vrakaz ein Schwall von Gefühlen, welche ihn Verzweifeln ließen. Wer war er nur gewesen? Wer war diese junge Frau und warum konnte sie, so wie er das Leben neu erschaffen? Fragen über Fragen überwarfen sich in seinem Verstand und keine wollte eine Antwort mit sich tragen.

Als dann noch zwei weitere Gestalten, eine gekleidet und umgeben von Spinnenwesen und eine geschaffen wie das pure Eis, welches in sich paradox zu brennen schien, zu dem Garten geeilt kamen und ebenfalls seinen Namen ausriefen, da wollte sein Kopf explodieren und seine Gefühle ihn in sich zusammenfallen lassen. Er konnte dies nicht ertragen und so rannte er unbeachtet aller Anwesenden wieder hinaus in die Ruhe und Fremde der Wälder, wo er sich sicher und geborgen fühlte.

Er verbarg sich tief in einer Höhle, welche er bereits vor vielen Umläufen zu seinem Heim gemacht hatte. Hier war es ruhig, hier strömte nicht alles Leben auf den Geist seines Verstandes unablässig ein und hier konnte er in sich sinnieren und auch ab und an etwas Schlaf finden.

Als er vom Schweiß gebadet mitten in der Nacht erwachte, da wußte er nicht sofort, wo er war, doch langsam kam die junge Erinnerung zurück. Wie in jeder Phase seines göttlichen Schlafes, traten auch dieses Mal blitzende Bilder in seinen Verstand. Es waren Bilder von den drei weiblichen Geschöpfen, welche er sah und auch Bilder eines schrecklichen Krieges und seines eigenen Vergehens. Doch waren sie alle ohne jeglichen Zusammenhang geblieben. Mit schmerzendem Kopf und Gliedern erhob sich Vrakaz langsam und trank etwas frisches Wasser, welches von Moosen der Höhlenwände tropfte. Da vernahm er eine dunkle, leise flüsternde Stimme. War diese Wirklichkeit oder war sie nur in seinem Kopf? Er kannte diese Stimme sehr gut und doch war sie im gleichfalls fremd. Aber irgendetwas ließ ihn genauer horchen und so folgte er der väterlichen Stimme bis tief in die dunkelsten Teile der Wälder.

Auf seinem Wege erkannte er, dass er nicht allein war. Geistwesen, welche wohl die Seelen von Verstorbenen waren, schlichen neben ihm durch das Unterholz des Waldes und alle hatten offenbar das gleiche Ziel, so wie er. Dann öffnete sich vor ihm der Wald und ein schwarzes Portal erhob sich gewaltig vor dem alten Gott. Neben dem Portalstand eine in schwarzen Fetzen gehüllte Gestalt und hielt in der einen Knochenhand eine Sanduhr und in der anderen eine Sense. Immer wenn eines der Geistwesen vor die Gestalt trat, da sprachendieses einige kurze Worte, die Sanduhr wandelte sich in eine Waage und diese kippte mal auf die eine und mal auf die andere Seite, obwohl nichts in den Waagschalen zu erkennen war. War dies geschehen, so neigte die schwarze Gestalt den Kopf und die Waage wandelte sich wieder in die Sanduhr, welche mit neuen Körnern zu laufen begann und das Geistwesen trat durch das aufleuchtende Portal.

Doch manches Mal, da geschah dies nicht und die schwarze Gestalt schlitze mit ihrer Sense durch das Portal, woraufhin ein lautes Geheule zu vernehmen war und das gerichtet Geistwesen in einem Strudel von Klauenhänden ergriffen und in die Wirbel gerissen wurde. Vrakaz seufze, denn nun wußte er, wer ihn da gerufen hatte, es war das Urelement der Finsternis, es war der Gevatter Tod und seine Zeit war wohl nun endgültig gekommen. So trat auch Vrakaz vor den Tod und senkte demütig sein Haupt.

Lange Zeit sah das Urelement der Finsternis Vrakaz an und die Sanduhr wandelte sich zu keiner Waage. Dann fuhr die Sensenklinge unter Vrakaz Haupt und hob seinen Kopf langsam hoch, so dass er direkt in die glühenden Augen der Finsternis blickte. Die Stimme befahl Vrakaz, er solle ihr Folgen. Erneut hob der Tod seine Sense und das Portal erleuchtete. Er und Vrakaz gingen hindurch, was dann geschah, ist nicht überliefert und bleibt wohl ewig das Geheimnis des Urelements und Vrakaz.

In der Zwischenzeit riefen die Urelemente des Lichts, Eolan, und dass der Finsternis, Gevatter Tot, die Götter zu sich und verkündeten ihr Urteil und Strafe für die Götter für die Taten des vergangenen Bruderkrieges. 1000 Jahre sollten sie in Stein gebannt sein und die Welt den Sterblichen überlassen müssen, ohne eine Chance auf Eingriff, bestimmt nur Beobachter zu sein und nie Handelnder der Geschicke der Sterblichen.

Wenige Tage später sollte jedoch ein schwarz gekleideter Vrakaz vor dem Portal, zusammen mit einem Diener des Todes, dem Schreiber, sitzen und gleichfalls die ankommenden Seelen wiegen, um ihnen ihren Weg zu weisen. Er war nun der Wächter der Anderswelt, er der einst der Urgott der Schöpfung war, war nun der Richter und Vollstrecker für alle verstorbenen Seelen, auch wenn er noch weitere Aufgaben vom Tod auferlegt bekommen hatte. So war er auch der Gott des Todes, welcher für den gerechten Ausgleich sorgen und die Seelen einholen sollte, welche sich dem letzten Gang entziehen wollten. Diese Aufgaben erfüllte Vrakaz mit Gewissen und Zuversicht, war es doch die Aufgabe eines seiner eigenen Schöpfer.

Und mit der Zeit und den Geschichten, die er von den gefallen Seelen vernahm, da kamen auch die Erinnerungen wieder, zumindest ein Teil dieser. Und die Erkenntnis in Vrakaz wuchs, er hatte diegerechte Strafe für seine Handlungen und auch seine Unterlassungen erhalten. Er war in den Dienst des Todes, seines Erschaffers, getreten. Wie der Vater, so der Sohn – die Aufgabe musste vollbracht werden, damit neues Leben entstehen konnte, denn ohne den Tod, gab es kein Leben und nur wenn sich der Kreislauf schließt, kann er neu beginnen. Eine neue Schöpfergottheit, die in die Fußstapfen von Vrakaz getreten war, gab es ja bereits, wie er selbst in dem Garten erkennen musste.

Nach vielen Mondläufen kam eines Nachts eine junge Magd zu ihm an die Pforte. Doch war sie nicht verstorben, sondern eine der Lebenden, die am Fuße des Waldes in den Dörfern Ober- und Niedersagenheim lebten. Dies kam hin und wieder vor, wenn auch selten, dass Sterbliche zu ihm zogen, um kleine Opfer darzubringen, in der vergeblichen Hoffnung die Waage für die Verstorbenen in die eine oder andere Richtung zu neigen. Doch was ihn Verwunderte war, dass sie hatte keine Angst vor ihm, den vorbeiziehenden Seelen und auch nicht dem Portal in die Anderswelt zeigte. Ganz im Gegenteil, all dies schien sie regelrecht anzuziehen und den Gevatter Tod, wie die Sterblichen das Urelement der Finsternis nennen, den betete sie an, als ob es ihr eigener Vater und mehr noch wäre.

So nahm sich Vrakaz dieser jungen Frau, ihr Name war Berta, an und sie teilten lange Zeiten ihn tiefen Gesprächen die ihm auferlegte Aufgabe des Todes. In Berta hatte er jemanden gefunden, jemanden, der am Leben war, so wie er selbst und doch im gleichen Zuge das Wesen des Todes mehr verstand als es den Sterblichen meist zu eigen ist.

Nachdem die Chaosanhänger es geschafft hatten einen eigenen Landesbereich, genannt die Chaossteppe, für sich zu beanspruchen und diesen Anspruch zu festigen, kam der Tag, an dem durch die unzähligen Kämpfe zwischen Sagenheim und Chaossteppe, eine Gruppe namens Schicksalsbrecher als gefallene Seelen vor Vrakaz traten. Vrakaz war inzwischen seiner Aufgabe müde und er fühlte sich in seiner Göttlichkeit stärker denn je. Hatte es Berta doch geschafft, in den vergangen Zeiten immer mehr Anhänger zusammen zu bringen, welche Vrakaz als ihren neuen Gott anerkannten. Unter den neuen Anhängern war auch eine Druidin, welche Vrakaz stets mit Treue und Rat zur Seite stand.

Mit den Schicksalsbrechern traf Vrakaz eine Vereinbarung, welche dafür sorgen sollte, dass seine Ketten an die Anderswelt gesprengt werden und er wieder frei sein würde. Und so kam es dann auch. Auf dem Höhepunkt eines neuen großen Krieges war Vrakaz stark genug, um seine Ketten zu sprengen und seine Anhänger, um sich zu scharren. Er griff kurzerhand in den Kampf mit ein und stellte sich mit seinen Anhängern an die Seite des Chaos, da diese die unterlegene Kraft in dem Kampfgeschehen war. Ganz seiner neuen Natur, dem Ausgleich und der Unterstützung des Schwächeren, folgte Vrakaz seinen neuen Gesetzen als Gottkönig der Nacht. Mit dem Sieg im Großen Schlachtenkampf und dem Rückzug der Anhänger Ulthors nach Sagenheim sowie dem Vertreiben der Anhänger des Voltans mit seinen Dämonen, war nun die Zeit gekommen, in der Vrakaz mit seinen Anhängern eine eigene Heimstätte der Zuflucht für alle Wesen, jeglicher Abstammung erschuf. So wählte er einen abseits gelegenen Landesteil aus und begründete mit seinen Anhängern die Zuflucht Schattenhain.

Die Dämonin Frostmaris unterstützte Vrakaz aus ihrem eisigen Königreich heraus und sollte künftig eine treue Bündnispartnerin sein. Noch mehr als dies, war Frostmaris doch von einem ähnlichen Schicksal in der Vergangenheit betroffen, wie Vrakaz selbst. So sahen sie in sich wie Bruder und Schwester, welche nach unendlicher Zeit wieder vereint waren.  Doch den Urelementen gefiel diese neuen Entwicklungen nicht. Die Götter schufen wieder eigene neue Reiche und sammelten neue Anhänger um sich, damit ihre Macht wuchs und somit auch das Verlangen nach der eigenen Vorherrschaft über alle Anderen. Es war das alte Verhalten, welches

einst dafür sorgte, dass Weltenglanz, die zweite Stadt der Lebenden, unterging. Die Sterblichen waren die Diener der Götter für deren eigenen missbräuchlichen Zweck geworden. Auch wenn Vrakaz einer der wenigen war, der dies nicht in diesem Sinne hatte, so hatte er doch das Urelement der Finsternis, den Tod, betrogen und sich aus der auferlegten Aufgabe befreit. Nur die Tatsache, dass Vrakaz mit seinen Schattenhainern dafür sorgte, dass der Tod den bisherigen gerechten Anteil bekam und der Weg von Leben und Tod weiterhin in einem geordneten Kreislauf verlief, war es zu verdanken, dass das Urelement Vrakaz nicht härter abstrafte.

Er scharte alsbald die treusten Anhänger aus Schattenhain um sich und erließ die Gesetze der Nacht, welchen sich alle die die Schwelle von Schattenhain übertraten zu beugen hatten. Auch trug er Berta auf ihm einen Sitz zu errichten, an dem sich seiner Anhänger versammeln können und er unter ihnen weilen kann. So errichtete de Magd Berta ihm eine Taverne und Vrakaz lernte auf seine alten Tage sich präzisier auszudrücken. Tief beeindruckt vom absurden Pragmatismus, den die junge Magd an den Tag legte, nahm Vrakaz sie sich zur Schülerin um sie als Seelenjägerin, als Häscherin der Verlorenen, auszubilden.

Gemeinsam mit seinen Anhängern gelang es Vrakaz mit Schläue, Taktik und Diplomatie als kleinste der Kriegsparteien das Siegel des Ausgleichs zu erringen und als erste den Sieg im ersten Siegelkrieg davon zu tragen.

Schon im Laufe des ersten Siegelkrieges erkannte Vrakaz, welche wundervolle Pracht das Reich der Eiskönigin Frostmaris erlangt hatte. Kryophorika war erwachsen geworden und viele Magier und Alchemisten wie auch Priester hatten sich um sie gescharrt. Seine dämonische Schwester hatte sich auch gewandelt. Kurz vor ihrem Schlaf hatte sie wieder ihre Vollständigkeit erlangt und ihr Herz schlug inniger den je in ihrer Brust. Nun war ihr gesamtes Wesen noch menschlicher geworden. Das gefiel Vrakaz sehr und zu seiner größten Freude, war ihre alte göttliche Geschwisterliebe umso stärker geworden.

So sollte es auch sein, dass sie sich kurz darauf zusammentaten und ein neues gemeinsames Reich begründeten, das Banner der Nacht. Die alten Heimstätten wurden zu Vierteln des neuen Reiches und die Macht beider Götter und auch ihrer treuen Anhänger vereinte sich. Und so ergänzen sie sich und standen jeweils für den anderen ein. Sie waren die jeweilige Seite einer Medaille und zusammen der perfekte Ausgleich in sich. Doch am fernen Horizont brauten sich düstere Wolken zusammen. Es war das Grauen aus der alten Zeit das mit heimtückischen Klauen insgeheim nach Vrakaz griff, stand er doch dem Urelement der Finsternis so nah, wie es kein anderer Gott je war. Er verkörperte all das, was es zu vernichten galt und in ihm birgt sich die Macht der Einigung aller.

Vrakaz hatte schon bei seinem Erwachen verspürt, dass eine alte Präsenz anwesend war. Eine Präsenz, welche er so nicht kannte, doch die er in sich fürchtete und gleichermaßen hasste, ohne zu wissen weshalb und warum. Abscheu würgte jeder Gedanke an diese Präsenz hervor und so versuchte er vorerst diese zu unterdrücken. Es war das Abbild des Untotes und dieses Stand gegen alles, was er verkörperte im natürlichen Kreislauf des Lebens und des Todes. Gleichfalls erging es Frostmaris und auch alle andere Götter und Dämonen verspürten diese Gefahr und diese unendliche Abscheu. Mit der erste Erscheinung der Nemephinkönigin und ihrem kleinen Gefolge wurde Vrakaz bewußt, dass diese alte Gefahr äußerst mächtig war und doch konnte er vorerst nichts gegen sie unternehmen.

Irgendwie verspürte er und auch die anderen Götter, dass das Bildnis der Nemephin nur ein Trugbild war, von dem, was dort wirklich in der Dunkelheit lauerte. Und doch waren sie real in ihrer Gestalt. Zu seinem Erstaunen verspürte er zum Beginn des 2. Siegelkriegszyklus, dass etwas sehr Vertrautes in den Wäldern aufgekeimt war und ein tiefer donnerhafter und röhrender Ruf hallte in seinem Kopf. Es war der Ruf des schwarzen Hirsches und dieser führte Vrakaz und die seinen zum schwarzen Baum, welcher am Ende seines Lebenszyklus stand. Gemeinsam erhielten sie das Geschenk des schwarzen Baumes, das schwarze Blut und den schwarzen Samen. Aus diesem würde ein neuer schwarzer Baum erwachsen und mit seiner Aussaht würde ein Leuchtfeuer in der Finsternis entfachen, welches die letzten des alten Volkes von Vrakaz zu ihm kommen ließen.

Und so geschah es auch, als die Saat gesetzt war, da erschienen die ersten zwei des alten Volkes der Benedith Sidhe. Ein Neubeginn der Machtverhältnisse wurde geschaffen. So gewannen alle etwas Zeit, um sich vor der neuen aufstrebenden Macht aus alter Zeit zu wappnen.

Diese hatte bereits festen Fuß gefasst und die ersten Sterblichen in ihren Bann gezogen. Die Königin der Nemephin braute ein Gift, dazu bestimmt Götter zu Fall zu bringen. Das auserkorene Ziel sollte die Gesandte des Lichtes aus dem Banner der Hoffnung sein, welche das erste Königsschwert der 13. Klingen errungen hatte. Offensichtlich sahen die Nemephin die Königsschwerter als Bedrohung an und ein Symbol der Hoffnung, das die Gesandte Ulthors für die Sterblichen war, zu fällen kam ihnen gut zu pass. Die Götter fürchteten sie nicht und auch keine Magie oder Alchemie konnten ihnen etwas anhaben. Selbst wenn ein in den Bann gezogener Sterblicher geopfert oder in den Freitod ging, so war seine Seele immer noch an die Nemephinkönigin gebunden und noch immer war er nach seiner Auferstehung ein Diener der Nemephin.

Einzig Vrakaz konnte mit größter Anstrengung und der Hilfe seiner Anhänger und dem Urelement der Finsternis selbst diese Gefallenen läutern und ihre Seele zurückerlangen. Doch dies würde nicht auf ewig funktionieren, viel zu Kraftraubend war der Prozess und es wurden mit jeder Nacht, die verging mehr.  Vor allem aber würde er scheitern, wenn sich die Zahl seiner Anhänger verringern sollte oder er in seiner Manifestation geschwächt würde. Noch stützte Forstmaris ihn und der gemeinsame Glaube ihrer Anhänger hielten Vrakaz bei Kräften.

Vieles erinnerte Vrakaz an den großen Bruderkrieg: das Ziehen und Reißen an den Seelen, wie eines um das andere seiner früheren Schöpfung zermalmt wurde in den Mühlen eines Krieges der nicht den Sterblichen zueigen, aber dessen Wogen und Wallen sie vollkommen unterworfen waren. Erinnerungen an den Krieg erwachten in ihm wieder. Die Erinnerung an die erste große Schlacht in der Ebene des Lichtes und deren Wandlung zum heutigen Blutmoor durchliefen Vrakaz Gedanken und auch die Präsenz der alten Feindin, der Verkörperung des Untodes selbst, der Königin Ossa Manus und ihrer Blutknochenkirche keimte in Vrakaz erneut auf.

So verlief der 3. Siegelkrieg fast ungestört von statten und das Bündnis des Vrakaz mit Chaos und Arachnum erbrachte den Schrecken des Chaos als Sieger und neuen Judikarius hervor. Vrakaz nutzte diese kurze Phase der Ruhe und klärt ein für alle Mal den Stand zwischen ihm und Arachne. Die alte Ehe wurde aufgehoben und jeder ging fortan seiner Wege. Längst war die alte Liebe erloschen, so dass es keinen Sinn mehr ergab an überholten Traditionen und verblassten Schwüren festzuhalten. Der Tod hatte sie geschieden und so waren sie sich treu bis zu jenem Tage auf dem Schlachtfeld, als Jadis ihr Herz verfinsterte und Vrakaz sein Licht verlor.

Unterdes festigte sich die geschwisterliche Partnerschaft zwischen Vrakaz und Frostmaris, was Vrakaz einen sichereren Boden gab, um dem Reißen an den Seelen zu trotzen. Doch obwohl sie noch im Zyklus zuvor finsterste Pläne geschmiedet zu habe schienen, waren die Nemephin wie vom Erdboden verschluckt in diesem Kriegszyklus. Niemand konnte ergründen, wo diese waren, und so war die Furcht vor dem, was kommen würde in allen Bereichen des Landes erheblich gewachsen. Dieser Gegner war nicht zu unterschätzen und oftmals ist der Frieden nach einer Schlacht nur die Ruhe vor dem großen Sturm.

Auch in der Anderswelt, dem Imma Terium der Seelen und frühere „Heimstadt“ Vrakaz, hatte sich die Geschichte verändert. Der Tod war in eine andere Sphäre gereist und hatte seine Aufgaben an den Wächter des Jenseits und Kruchun, die Dämonin des Tartaros, übertragen. Diese brachen jedoch oftmals mit den Vereinbarungen zwischen den Lebenden und Toten und auch die Vereinbarungen, die sie mit Vrakaz und Berta zu halten hatten. Als das Urelement der Finsternis, Gevatter Tod, zurückkehrte, da blieb ihm nichts anderes übrig, als Kruchun erneut in Ketten zu legen und die Anderswelt selbst zu verwalten. Den Wächter verbannte er in das Reich des Nichts, auf dass er über seine Fehler und den Frevel, den er begangen hat, nachdenken könne.

Mit dem Auftakt zum 4. Siegelkrieg schloss der Tod die Anderswelt und Übergabe die Macht an die jeweiligen Lagerstätten in Form von heiligen Schädeln, welche er an die Götter band. Nur im Einklang zwischen den Göttern und dem Schädel konnten die Gefallenen des Kriegs wiederkehren. Taten sie dies nicht, stürzten sie ins Nichts und waren endgültig verloren.

In jedem Zyklus erschien eine Vrakaz nur zu bekannte Gestalt:  Königin Ossa Manus, die Herrin der schwarzen Kathedrale. Ihre Macht war der der Nemephinkönigin gleich und so wich selbst Gevatter Tod als Verkörperung des Urelements vor ihr zurück. Auch die Götter waren wie gebannt. Ossa Manus zerschlug die Ketten des Kruchun und erweckte aus ihm die Herzogin Immortala, welche fortan als freie Seelenschlingern im Dienste der Ossa Manus stehen sollte. Mit dunklen Glockenschlag erhob sie sich dann auch, die schwarze Kathedrale aus den Nebeln des Vergessens und die Untoten krochen aus dem Blutmoor hervor um sich um ihre Herrin zu scharen. So begann ein neues Zeitalter in den Siegelkriegen mit einem für Vrakaz uralten Konflikt.

Die Verwirrung die diese neu erstandene, alte Gefahr durch ihr Erscheinen hinterließ, stellte sich als der Moment heraus, an dem die Falle der Nemephinkönigen zuschnappten sollte. Während einem Treffen der Götter und Dämonen am Tempel des Seins, um über den Eingriff der Königin Ossa Manus zu beraten, erschien die Nemephinkönigen höchst selbst aus dem Hinterhalt, um Vrakaz mit dem Göttergift ein Ende zu setzen. Doch stürzte sich Frostmaris in die Klinge der Königin, um Vrakaz zu schützen, wohl wissend um seine Bedeutung im aufkeimenden Krieg mit dem Untot, doch auch aus Treue, Freundschaft und geschwisterlicher Liebe zu ihm. Ihr war vollends bewusst, was das Gift anrichten konnte, hatten sie und die anderen Götter doch gesehen, wie es das Wesen der Gesandten auflöste, bis sie nur ein erbärmlicher Schatten ihrer selbst war, bevor sie endlich verging.

Das Gift strömte in Frostmaris Adern und alsbald sollte sich die körperliche Manifestation von Frostmaris auflösen. In einer Zeremonie großer Trauer trennte sich die göttliche Essenz von der körperlichen Form der Frostmaris und ging durch das Weltenportal in das Reich der Götter, um ihr das klägliche Ende zu ersparen, dass die Gesandte Ulthors ereilt hatte.

In ihrem letzten Akt übergab Frostmaris ihr Andenken und einen Teil ihres Eisfeuers an Vrakaz zur Aufbewahrung, damit die Königen der Nemephin oder schlimmer, die Königin Ossa Manus, nie ihrer Essenz habhaft werden können.

Dies war der schwerste Siegelkrieg für alle Sterblichen und auch Dämonen wie Götter. Kurz zuvor hatte sich auch die Essenz der vergifteten Seira im Reich der Götter aufgelöst, da sie dem unheimlichen Gift der Arachne erlegen war, mit welchem sie bereits seit dem ersten Siegelkrieg kämpfte, denn die dämonische Spinne vergisst nie einen Racheschwur zu erfüllen

In den vorherigen Kriegszyklen war schon Voltan, der Schattenfürst und die gesamte Blutfeste Koradune verschwunden. Es hieß, dass Voltan, der Schattenfürst und auch Ulthor in einen Krieg am Rande des göttlichen Reiches gezogen wären und dort all ihre Macht brauchten gegen den unbekannten Feind. Und wieder verspürte Vrakaz bei diesem Wissen diese unheimliche Präsenz.

Ulthor war im 4. Siegelkrieg wieder zurückgekehrt, nachdem seine Gesandte dem Gift der Nemephin erlegen war. Nach und nach stieg die Furcht bei allen ins unermessliche. Niemand wußt, was es genau mit der schwarzen Kathedrale und der Ossa Manus auf sich hatte und auch nicht, wann und wo die Nemephin wiedererscheinen würden. Zumal der Tod der Frostmaris das Nachtbanner erschütterte und die beiden Viertel zu spalten drohte. Doch Vrakaz war nun der Erbe des Eisfeuers und in ihm lang nun alle Hoffnung. Hoffnung, die aufkeimte, als Vrakaz in der letzten Schlacht des 4. Siegelkrieges die Ossa Manus niederstreckte und mit ihr alle Anhänger, selbst die mächtigen Gruftkönige fielen. Doch schon im Siegesritual bei der Krönung der neuen Judikarius Arachne aus dem Klingenbanner sollte mit Schrecken vernommen werden, dass die Os sanguinea ecclesia nun als Banner der Finsternis an den Siegelkriegen teilnehmen würde und ihre Macht war, verbunden mit der ersten Träne aus Asche, welche sich in deren Lager erhoben hatte.

Vrakaz erschauderte, war aber noch zu geschwächt durch all die Vorkommnisse und die in ihm nun wütenden verschiedenen Götteressenzen, dass er wie ohnmächtig diesen Geschehnissen beiwohnen musste. Und auch die anderen Götter konnten vor Erstaunen und Ohnmacht sich nicht dem erwehren.

So stand Vrakaz da, am Ende des 4. Zyklus. Beraubt seiner Schwester, mit ihrer Essenz ringend und unter dem Widerspruch leidend. Unfähig direkt etwas gegen die Königin der Untoten zu unternehmen, war der König der Nacht in die Ecke gedrängt, doch Unwillens aufzugeben.

    

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